Europawahlen: Lasst uns für Palästina einstehen!


Die Europawahlen am 9. Juni erzwingen, die Komplizenschaft der Europäischen Union bei der Besetzung und dem anhaltenden Völkermord in Palästina aufzuzeigen.

Die Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen hat während ihrer Amtszeit verschiedene verachtenswerte Erklärungen abgegeben, vor allem ihre letztjährigen Äußerungen zum Mai 2023. Als sie die Nakba, die Katastrophe, feierte und behauptete, Israel vertrete „demokratische Werte“ und „bringe die Wüste zum Blühen“. Kolonialistische Äußerungen, die die Tragödie leugnen, die vor 76 Jahren 800.000 Palästinensern widerfahren ist und bis heute anhält. Die extreme Rechte, allen voran Jordan Bardella, Kandidat des Rassemblement National in Frankreich, unterstützt den Genozid mit rassistischer wie islamfeindlicher Rhetorik und bringt den Kampf für Palästina mit Terrorismus in Verbindung.  

Unter dem Eindruck des beschleunigten Völkermords hält die Europäische Union ihre engen politischen und wirtschaftlichen Beziehungen zur Apartheidstaat Israel, der Siedlerkolonialmacht, aufrecht und gewährt ihr eine Vorzugsbehandlung. So ist die EU der größte Handelspartner Israels, auf den etwa ein Drittel des gesamten israelischen Handels entfällt, Waren im Wert von 28,8 Milliarden Euro werden jährlich gehandelt. Dieser Handel verstößt in eklatanter Weise gegen Artikel 2 des Assoziierungsabkommens, in dem zynischerweise die „Achtung der Menschenrechte und der demokratischen Grundsätze“ gefordert wird.

Wir unterstreichen unseren dringenden Aufruf, alle Verbindungen einzustellen und sich von Unternehmen und Produkten zu trennen, die ihre Wurzeln in kolonialer Unterdrückung, Plünderung und Völkermord haben. Diese Unternehmen erleichtern und unterstützen das koloniale Siedlungsregime und leisten allen Verbrechen Vorschub. Es ist zwingend notwendig, jetzt dagegen entschlossen zu handeln. Gegen eine Politik zu stimmen, die solche Verbindungen unterstützt, ist ein wichtiger Schritt, um den Kampf des palästinensischen Volkes in solch kritischen Zeiten zu unterstützen.

Darüber hinaus gehören die Länder der Europäischen Union zu den wichtigsten Waffenlieferanten für Israel. Deutschland ist der zweitgrößte Waffenlieferant mit einem Anteil von 30 % der Waffenimporte, oder 326 Millionen Euro im Jahr 2023, während Frankreich seit 2013 Waffen im Wert von 208 Millionen Euro verkauft hat. Mehrere Länder haben auf Druck der Bevölkerung den Waffenexport gestoppt, und eben solch eine internationale Mobilisierung führte kürzlich zu einem Sieg in der Kampagne von Aktivist:innen, die verhinderten, dass ein mit Waffen für Israel beladenes Frachtschiff in Cartagena, Spanien, anlegen konnte.

Tausende von Palästinenser:innen haben in Europa Asyl beantragt. Wir fordern eine würdevolle Aufnahme und Asyl für alle. Wir verurteilen grundsätzlich die repressive, koloniale, rassistische und islamfeindliche Migrationspolitik der EU, wie sie sich im neuen Gemeinsamen Europäischen Asylsystem (GEAS) und in der kriegerischen Anti-Immigrations-Rede von Manfred Weber, dem Vorsitzenden der Europäischen Volkspartei, ausdrückt.

Die Europäische Union ist ein wichtiger Akteur bei der Unterdrückung des Kampfes des palästinensischen Volkes. Die Kriminalisierung von Aktivitäten der Palästina-Solidarität, einschließlich Inhaftierung und Gesetzgebung, hat sich in ganz Europa gezeigt. Viele Aktivist:innen und Verteidiger:innen der palästinensischen Sache sitzen jetzt in europäischen Gefängnissen, einige auf Anordnung der zionistischen Besatzung. Akademiker:innen und Aktivist:innen wurde die Einreise in den Schengen-Raum untersagt, und die Meinungsfreiheit wurde in beispielloser Weise eingeschränkt. Akademiker:innen wurden unter dem Druck der zionistischen Lobby von den Universitäten verwiesen. Viele Demonstrationen und Proteste wurden verboten und angegriffen. Darüber hinaus wurden Hunderte von Menschen verhaftet, geschlagen oder mit Strafverfolgung bedroht. Die juristische Anklage in solchen Fällen lautet häufig „Unterstützung des Terrorismus“, nur weil sie das von den Vereinten Nationen verankerte Recht des palästinensischen Volkes auf Widerstand verteidigen. Palästinensische Widerstandsorganisationen und politische Parteien wurden als „terroristische Organisationen“ eingestuft, um den Widerstand weltweit zu delegitimieren, zu schwächen und zu unterdrücken. Andererseits rufen die EU-Mitgliedstaaten zur Freiwilligentätigkeit und zur Teilnahme am ukrainischen Widerstand gegen den russischen Besatzungsversuch auf und fördern diese. Diese Doppelmoral ist nicht zu rechtfertigen.

Die Politik der Europäischen Union geht uns alle an. Die kolonialistische, rassistische und imperialistische Politik der europäischen Großmächte beschränkt sich nicht auf Palästina: Sie betrifft die Arbeiter:innenviertel und andere unterdrückte Länder und Völker in der ganzen Welt.

Als Einwohner:innen der Europäischen Union haben wir eine Verantwortung. Bei diesen Europawahlen rufen wir zum Boykott gegen die Kandidat:innen auf, die Israel unterstützen und sich den berechtigten Forderungen des palästinensischen Volkes widersetzen.

Ab dem 9. Juni, dem Tag der Europawahlen, werden wir weiterhin das Schweigen der europäischen Gemeinschaft anprangern und damit bekräftigen, dass Europa am Genozid gegen das palästinensische Volk Mitschuld trägt. Seid aufmerksam und konsequent: Keine Stimme für den Genozid!

Obwohl das Europäische Parlament in Bezug auf die oben angeprangerten Schlüsselfragen nur sehr wenig Entscheidungsbefugnis hat, die größtenteils in den Händen der Regierungen der Mitgliedstaaten und der EU-Bürokrat:innen liegt, sind diese Wahlen dennoch politisch sehr wichtig. Wir müssen die Stimmen für israelfreundliche Parteien auf ein Minimum beschränken, insbesondere für jene, die zur rechtsextremen Internationalen gehören, in deren Zentrum Netanjahu steht.

Wir fordern von den EU-Institutionen und deren Mitgliedstaaten:

  1. Die Umsetzung eines sofortigen und dauerhaften Waffenstillstands, die Aufhebung der Belagerung und die bedingungslose Einfuhr von Hilfsgütern nach Gaza. 
  2. Verhängung rechtmäßiger politischer, wirtschaftlicher und diplomatischer Sanktionen und eines umfassenden Militärembargos gegen Israel, Aufhebung von Freihandels- und Kooperationsabkommen sowie von Energieverträgen; Verbot von Waren von Unternehmen, die in Israels illegale Siedlungsunternehmen verwickelt sind.
  3. Sicherstellen, dass Unternehmen und Institutionen mit Sitz in der EU die Unterstützung des israelischen Völkermords und anderer völkerrechtlicher Verbrechen, einschließlich der Apartheid und der kolonialen Siedlungspolitik, einstellen. Jede Komplizenschaft muss zur Rechenschaft gezogen werden.
  4. Unterstützung der laufenden rechtlichen Schritte gegen Israel und seine Führung sowohl beim Internationalen Gerichtshof als auch beim Internationalen Strafgerichtshof. 

Wir sind am 18. Mai in Brüssel zu Zehntausenden auf die Straße gegangen und werden den Druck weiter erhöhen, bis die EU ihre Komplizenschaft mit dem Völkermord am palästinensischen Volk beendet. Lasst uns unserer Stimme Gehör verschaffen. Alle Menschen mit Gewissen müssen für das Richtige eintreten und als Teil einer antikolonialen und antirassistischen Bewegung für Gleichheit und Gerechtigkeit eintreten. Doch nach der Abstimmung müssen wir den Kampf fortsetzen! Palästina ist die Sache aller Ausgebeuteten und Unterdrückten in der Welt! Der morgige Tag gehört uns! 

Unterschriften:

  • Urgence Palestine (France)
  • Workers for Palestine (Netherlands)
  • Coalició Prou Complicitat amb Israel (Catalonia)
  • Bündniss Yousef Shaban (Germany)
  • Beitna. (Belgium)
  • Zivilgesellschaft für Gerechtigkeit (Germany)